Das alte Schiffswrack im Rhein bei Schenkenschanz

Die Geschichte vom alten Schiffswrack ist bis heute nicht in Vergessenheit geraten. Eine Umfangreiche Recherche durch Friedel Schulthoff aus Griethausen brachte weiteres Material zu Tage. Am 16. Mai 2004 berichtet er darüber im »Kurier am Sonntag« wie folgt im Originaltext von 1895:

Dienstag, 19. März 1895, 18.15 Uhr:

Dynamit-Explosion am Schürpoll

Griethausen. Mit einer furchtbaren Explosion endete im Jahre 1895 das Verladen von 150.000 kg Dynamit, verpackt in 7.500 einzelnen Holzkisten. Folgende amtliche Darstellung wurde vom Regierungspräsidenten Freiherr von der Recke aus Düsseldorf am Samstag, 23. März 1895 veröffentlicht:

»Ende Januar des Jahres wurden sieben kleine mit zusammen etwa 3.000 Zentnern Dynamit beladene Schiffe auf dem Rheine nahe der holländischen Grenze vom Eisgang überrascht und suchten Unterschlupf in einem alten Rheinarm bei Keeken, dem sogenannten Vossegatt. Da die dringende Gefahr bestand, daß eine Verletzung der Schiffe durch Eismassen und deren Explosion eintreten werde, wodurch abgesehen von anderen schweren Folgen die Zerstörung des nahen Deiches und damit unter Umständen unabsehbares Unheil herbeigeführt worden wäre, so wurde die Entladung der Dynamit-Schiffe zur unabweisbaren Notwendigkeit. Nachdem der Rhein eisfrei geworden, wurde behördlicherseits die Wiedereinladung und Abfuhr des Dynamits gestattet. Die Verladung erfolgte unter den gleichen Vorsichtsmaßregeln wie die Ausladung, insbesondere, ausschließlich durch das geschulte Personal der Versandfabrik, sowie unter besonderer Aufsicht eines technischen Beamten. Während der Einladung am 19. d. mts etwa um 6 Uhr abends, flog das schon fast völlig beladene Schiff Elisabeth mit 866 Stiften Dynamit zu je 20 kg in die Luft, bei welcher Gelegenheit leider 16 Personen verunglückt sind. Von diesen wurden 13 getötet und 3 verwundet. Wie das Unglück entstanden, ist bis jetzt nicht aufgeklärt. Die Ermittlungen darüber werden noch fortgesetzt. Der enstandene Vermögensschaden ist zwar kein ganz unbedeutender, jedoch sind die durch die Presse hierüber bisher verbreiteten Nachrichten stark übertrieben. Insbesondere haben die zunächst - aber immerhin etwa 1 km enfernt - gelegenen Gebäude außer einigen Fenster zertrümmerungen und Dachbeschädigungen kaum gelitten.«

Düsseldorf, den 21. März 1895.
Der Regierungspräsident v. d. Recke

Foto 1 von 1895
Kurz vor dem Unglück wurden die
Schiffe noch fotografiert.
Das Bild stammt aus dem Fundus
der Familie Hedwig und
Hansi Liebeton aus Griethausen.

Presseveröffentlichungen aus dem »Clevischen Volksfreund«, Boß-Verlag, der damaligen Klever Zeitung, beschrieben das furchtbare Geschehen wie folgt:

»Die vorstehenden beiden, von berufener Seite kommenden Darstellungen bestätigen, wie wir zu unseren Genugthuung constatiren können, die von uns über das unglückliche Ereignis gemachten Mittheilungen, welche auf sorgfältiger Information beruhten, in vollem Umfange. Wenn allerdings, wie von Berichterstattern einiger auswärtiger Blätter es diesmal geschehen ist, anscheinend auf bloße Gerüchte hin, sofort in alle Welt hinein mit aller Bestimmtheit berichtet wird von 25 Todten, und fünf Ortschaften namentlich aufgeführt werden, die, nach dem betr. Bericht zu schließen, mindestens zur Hälfte in Trümmerhaufen verwandelt sein müssen, dann ist eine correcte amtliche Darstellung wohl am Platze. Mit solchen Berichten sollte man doch etwas vorsichtiger sein, wir sind doch nicht in Amerika, wo alles auf Sensation berechnet ist!«

Griethausen, 24. März 1895.

»Ein großer Trauerzug bewegte sich gestern Morgen 8 Uhr zum hiesigen Kirchhof hin, um die Leichen dreier bei der Dynamit-Explosion Verunglückten: des Schiffers Peter Vermaas und dessen Tochter Johanna Grada aus Millingen und des Fabrikarbeiters Heinrich Tieß aus Portz, zur letzten Ruhe zu bestatten. An dem Zuge nahmen Theil außer den Verwandten, die geistliche und weltliche Behörde, die Chorsänger, sowie zahlreiche Mitglieder der Gemeinde. Galt es ja, für die auf so plötzliche und schaurige Weise in die Ewigkeit Abberufenen zu beten und den hinterbliebenen die innigste Theilnahme zu bezeigen. Von den übrigen Verunglückten hat sich leider mit Ausnahme von einzelnen geringen Körperteilen noch nichts gefunden, wahrscheinlich liegen sie in den Fluthen des Rheines begraben ...

Das so entsetzliche Unglück hat hier im Ort im Ganzen genommen keine großen Verwüstungen angerichtet, um so mehr aber den unteren Theil von Salmorth heimgesucht. Dort sind nicht bloß Fensterscheiben zerschlagen und Fensterrahmen ausgeworfen, sondern selbst die Mauern und Fundamente der Gebäulichkeiten haben bedenkliche Risse bekommen; z. B. ein im Jahre 1876 neu erbautes Haus zeigt außer vielen im Innern zertrümmerten Thüren und anderen Schäden 10 solche Mauerrisse, so daß mit Recht zu befürchten ist, es werde künftig gegen Sturm und Hochwasser kaum Stand halten können. Hierorts werden augenblicklich öffentliche Gebete verrichtet um Verwarung vor weiterem Unglück bei der demnächst zu erfolgenden Dynamit-Verladung.«

Foto von 2003
Das heute bei sehr niedrigem
Wasserstand noch zu sehende Wrack
der »De Hoop«.
Foto: Anne und Dieter Bos-Echterhoff

Tatsache ist, dass damalige große Rheinschiffe Dynamit nur bis zur hiesigen Grenze transportierten. Auf Salmorth wurde die Ladung dann auf kleinere Schiffe umgeladen, da die holländischen Behörden den Transport von Dynamit nur auf kleinen Schiffen zuließen.

Wer weitere Informationen über dieses Unglück erhalten möchte, wende sich an das Stadtarchiv Kleve, Tiergartenstraße oder an das Rheinmuseum Emmerich, wo unter anderem der Achtersteven und die Ankerwinde des ausgebrannten Schiffes "De Hoop" ausgestellt sind. Es lohnt auch, sich im Internet unter www.schanz2.de vorab zu informieren.     F.S.

 

Ergänzungen zum vorstehenden Bericht:

Zweites Bild von 1895 aus dem Fundus der Familie Hedwig und Hansi Liebeton aus Griethausen.

Bericht vom 21. März 1895 aus dem Clevischen Volksfreund.

Bericht vom 23. März 1895 aus dem Clevischen Volksfreund.

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